Eröffnung der Jahrestagung 2017 in Stuttgart

30.09.2017
Der Geschäftsführende Vorsitzende der DGHO, Prof. Carsten Bokemeyer, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie am 29. September 2017 in Stuttgart.


Eröffnung.jpgProf. Carsten Bokemeyer, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO

Im Folgenden finden Sie die Rede im Wortlaut:

 

Lieber Kongresspräsident, lieber Lothar Kanz,

lieber Markus Borner (SGMO),
lieber Andreas Petzer (OeGHO,
lieber Markus Manz (SGH),
liebe Mitglieder unserer Fachgesellschaften,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich darf Sie als Vorsitzender der DGHO zur Eröffnung der diesjährigen Jahrestagung in Stuttgart begrüßen. Und ich möchte Ihnen - also uns allen - heute zum 80sten Geburtstag unserer Fachgesellschaft ganz herzlich gratulieren.

Vor uns liegen vier spannende Tage mit abwechslungsreichen Themen und vielfältigen Möglichkeiten, Antworten auf klinische Fragen zu finden, wissenschaftliche Anregungen zu erhalten, Informationen auszutauschen und gute Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen zu führen.

Prof. Kanz und sein Planungsteam Frau Prof. Katja Weisel, PD Martin Müller, Prof. Wolfgang Bethge und Prof. Hans-Georg Kopp haben ein interessantes Programm vorbereitet, auf das wir uns freuen können. Und der gemeinsame Kongress hat sich mit seinen über 5.000 Teilnehmern als eines der wichtigsten deutschsprachigen Treffen rund um die Diagnostik und medikamentöse Therapie maligner Erkrankungen etabliert. Er ist ein Austauschforum nicht nur innerhalb der DGHO, sondern auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus Österreich und der Schweiz.

Gerne möchte ich kurz drei Gedanken aufgreifen, die mich bei der Arbeit in unserer Gesellschaft bewegt haben:

Die DGHO ist eine lebendige, aktive und immer noch wachsende Fachgesellschaft mit über 3.300 Mitgliedern. Die Beiträge der DGHO zu aktuellen Therapiekonzepten im Onkopedia-Portal, die Stellungnahmen zur Nutzenbewertung beim GBA und unser neues Portal zur Arzneimittelbewertung von fast 100 Substanzen in der Tumortherapie werden sehr wahrgenommen! Und dieses wäre nicht möglich ohne engagierte und fachkundige Experten aus dem Kreis unserer Mitglieder, die sich aktiv für diese Themen einsetzen. Aber nicht nur fundierte Mitarbeit von Experten, sondern auch die motivierte Einstellung aller unserer Kollegen ist hilfreich. So ist es uns gelungen, in Online-Umfragen zum Thema „Ökonomie in der Medizin“, zur „Bedeutung onkologischer Zentren“ und zum Thema „Methadon“ den Stand des Wissens und die Wünsche unserer Mitglieder zu erfassen und damit in die strategische Arbeit des Vorstands aufzunehmen. Insbesondere die DGHO-Stellungnahme zu „Methadon“ ist von zahlreichen anderen Fachgesellschaften, den Medien und der Politik aufgenommen und z.T. auch direkt übernommen worden. Wir werden uns hier auf dem Kongress in einer sicher kontroversen Sitzung mit diesem Thema nochmals auseinandersetzen. Überhaupt spiegelt dieser Kongress viele Aktivitäten in unserer Gesellschaft und aus deren Arbeitsgruppen wieder.

Wir erleben einen ungebremsten Innovationsschub in der Krebsmedizin, nie gab es so viele Möglichkeiten der Behandlung maligner Erkrankung mit neuen, innovativen Medikamenten wie heute. Wenn wir die Möglichkeiten und die Erfolge der onkologischen Therapie betrachten, war es noch nie so gut wie heute. Es ist damit vor dem ökonomischen Hintergrund eine Herausforderung für uns Hämatologen und Medizinischen Onkologen, uns für die Verfügbarkeit innovativer Therapeutika für unsere Patienten einzusetzen, es ist aber auch unsere Aufgabe, die Therapiemöglichkeiten, die sich heute bieten, evidenzbasiert und ressourcenschonend umzusetzen.

Neue diagnostische Tests und Therapeutika führen aber auch zu einer unglaublichen Komplexität in Indikationsstellung, im Management neuer Nebenwirkungen und in der Therapiedurchführung. Dieses ist eine große Chance, die Bedeutung unseres Faches – der Hämatologie und Medizinischen Onkologie - noch mehr herauszustellen, Komplexität, Expertenwissen und Erfahrung im Umgang mit modernen Medikamenten sind unser Unterpfand auch in Abgrenzung zu den Organfächern.  Andererseits ist die Entwicklung zum Teil so rasant, dass es selbst extrem motivierten und interessierten Kollegen kaum noch möglich ist, alle Aspekte in unserem Fachgebiet zu überblicken, ein Trend, der damit auch großes Sprengpotential beinhaltet und eine organbezogene medikamentöse Tumortherapie wiederum stärken könnte.

Ich denke, wir müssen einerseits als spezialisierte Partner in interdisziplinären Teams tätig sein und andererseits für den Erhalt unseres Faches als umfassend für die Systemtherapie maligner Erkrankungen eintreten. Eine Schere, die aktuell eher weiter aufgeht, als geschlossen wird und so sicherlich die Frage nach den zukünftigen Organisationsformen in Klinikabteilungen und Fachpraxen aufbringen wird.
 
„Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Zukunft nicht gestalten“ hat Helmut Kohl einmal gesagt. 80 Jahre DGHO: Die Fundstücke, die von Peter Voswinckel, unserem Historiker in der DGHO, liebevoll ausgegraben und aufbereitet wurden, zeigen, wie sehr die Geschicke einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft in die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eingebettet sind. Fundstücke mit z.T. bedrückendem Inhalt wie jene aus der Zeit des Dritten Reiches oder auch einiges aus der ehemaligen DDR. Es kann aber aus meiner Sicht gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, dass sich unser Fachgesellschaft so intensiv mit ihrer Geschichte auseinandersetzt und ich sehe in den daraus entstehenden und sicher auch kontroversen Diskussionen eine wichtige Grundlage, die wiederum unsere zukünftigen Entscheidungen prägen wird. Ich erinnere mich noch an die Mitgliederversammlung auf der Jahrestagung in Hamburg, wo die Teilnehmer sich zu einer bedeutenden Entscheidung rund um eine Ehrenmitgliedschaft aus der NS-Zeit durchgerungen haben. Die DGHO hat das stolze Alter von 80 erreicht und ich bin gespannt, welche weiteren wichtigen Entwicklungen wir bis zu unserem 100-jährigen Jubiläum in 2037 erleben dürfen.
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in spannenden Zeiten. Daher - nutzen Sie auch diesen Kongress, entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen neue Ideen und neue Lösungen und bringen Sie diese in die DGHO ein.

Ich wünsche Ihnen spannende und ideenreiche Tage in Stuttgart!