Positionspapier: Bispezifische T-Zell-Engager (BiTE)-Antikörper in der ambulanten Versorgung Indikationsstellung Die Indikationsstellung erfolgt entsprechend den aktuellen Leitlinien [1, 2] unter Berücksichtigung der jeweiligen Zu- lassungsbedingungen. Derzeit erfolgt der Einsatz vor allem bei Pat. mit rezidivierter / refraktärer Erkrankung. BiTE-An- tikörper sind Bestandteil eines therapeutischen Gesamtkon- zeptes. Da die Zielstrukturen von BiTE-Antikörper und ande- ren immuntherapeutischen Konzepten wie den CAR-T Zellen identisch sein können, ist bei der Indikationsstellung auch die mögliche Sequenz unterschiedlicher Immuntherapien zu berücksichtigen. Daraus resultiert: • Die Indikation zur Therapie mit BiTE-Antikörper soll in einem interdisziplinären Tumorboard diskutiert, kon- sentiert und dokumentiert werden. Management von Nebenwirkungen Im Vordergrund der Nebenwirkungen von BiTE-Antikörper stehen immunvermittelte Symptome und Krankheitsbilder sowie Infektionen. Inzidenz und Schweregrad sind abhängig von der Indikation, dem Applikationsschema des jeweiligen Antikörpers und haben einen Bezug zu individuellen Para- metern des Pat. wie Alter, Erkrankungslast, Vorerkrankungen u. a. [3, 4]. Von besonderer Relevanz ist die frühzeitige Erkennung und Behandlung kritischer Nebenwirkungen wie dem Cytokine- Release-Syndroms (CRS), dem Immune effector Cell-Asso- ciated Neurotoxicity Syndrom (ICANS) und von Infektionen. Als Langzeittoxizität ist u. a. eine persistierende Hypogam- maglobulinämie zu beachten. Daraus resultiert für die Anwendung von BiTE-Antikörper: • spezifische Kenntnisse in der Diagnostik und Therapie von Nebenwirkungen der jeweiligen Produkte • gezielte Aufklärung der Pat. im Erkennen der Neben- wirkungen und Information über Anlaufstellen beim Auftreten von Symptomen • formale intersektorale Kooperation zwischen der Praxis und einer klinischen Einrichtung, die über Erfahrung in der Therapie von CRS und ICANS verfügt. Ein hochwirksames Arzneimittel bei der Behandlung von schweren immunvermittelten Nebenwirkungen von BiTE- Antikörper ist Tocilizumab (RoActemra®), ein humanisierter monoklonaler Anti-Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper. Er ist zugelassen für die Behandlung eines CRS im Rahmen der CAR-T Zelltherapie und führte hier zur signifikanten Sen- kung von Morbidität und Mortalität. Tocilizumab ist eben- falls wirksam beim BiTE-Antikörper-induzierten CRS und ist Bestandteil aktueller Leitlinien [5-7]. Daraus resultiert: • Verfügbarkeit und Kostenerstattung von Tocilizumab beim Einsatz im ambulanten Bereich zur Therapie des CRS. Die Indikation besteht bei CRS >Grad 2 und kann bei entsprechender Symptomatik wie raschem CRS Beginn, hohem Fieber oder relevanten Komorbiditäten auch im Grad 1 erwogen werden. Eine individuelle An- tragstellung im Sinne eines Off-Label-Use ist in einer Notfallsituation nicht möglich. Im mittelfristigen Behandlungsablauf stehen infektiologi- sche Komplikationen im Vordergrund. Daraus resultiert: • Kenntnis von infektiologischen, ggfs. atypischen Komplikationen als Voraussetzung rasche und gezielte Therapie • Durch die teils langanhaltende und tiefe B-Zell-De- pletion ist die konsekutive Hypogammaglobulinämie eine häufige Langzeit-Nebenwirkung der Therapie mit BiTE-Antikörpern. Hieraus resultiert ein erhöhtes Risiko für Infektkomplikationen, z.B. für Infekte der oberen Atemwege. Im Falle von persistierend niedrigen IgG- Werten im Serum <4 g/l und rezidivierenden, schweren Infektionen wird eine Substitutionstherapie empfohlen, entsprechend den Empfehlungen der EMA [8]. Bei rezi- divierenden Infekten und IgG-Werten von 4-6 g/l sollte eine Substitution ebenfalls erwogen werden. Bei Pat. mit IgG-Werten im Serum <4 g/l ohne rezidivierende Infektionen oder bei Werten von 4-6 g/l, die mit rezidi- vierenden Infekten einhergehen, sollte eine Substitution ebenfalls mit dem Ziel der Infektvermeidung erwogen werden. Diese Empfehlung stützt sich auf retrospektive Auswertungen. Ergebnisse prospektiv randomisierter Studien stehen aus. Der Einsatz erfolgt im Off-Label- Use. R E F E R E N Z E N 1. Leitlinien AWMF zu Indikationen, AWMF Leitlinienregister 2. Leitlinien ONKOPEDIA zu Indikationen, Leitlinien — Onkopedia 3. Leitlinie AWMF zu Nebenwirkungsmanagement, AWMF Leitlinienregister 4. Leitlinie ONKOPEDIA zu Nebenwirkungsmanagement, CAR-T Zellen: Management von Nebenwirkungen — Onkopedia 5. Crombie JL, Graff T, Falchi L, et al. Consensus recommendations on the management of toxicity associated with CD3xCD20 bispecific antibody therapy. Blood 143: 1565-1575, 2024. DOI: 10.1182/blood.2023022432 6. Lee DW, Santomasso BD, Locke FL, et al. ASTCT consensus grading for cytokine release syndrome and neurologic toxicity associated with immune effector cells. Biol Blood Marrow Transplant 25: 625-638, 2019. DOI: 10.1016/j.bbmt.2018.12.758 7. Santomasso BD, Nastoupil LJ, Adkins S, et al. Management of immune- related adverse events in patients treated with chimeric antigen receptor T-cell therapy: ASCO guideline. J Clin Oncol 39: 3978-3992, 2021. DOI: 10.1200/JCO.21.01992 8. Le RQ, Li L, Yuan W. et al. FDA approval summary: Tocilizumab for treat- ment of chimeric antigen receptor T-cell-induced severe or life-threa- tening cytokine release syndrome. Oncologist 23: 943-947, 2018. DOI: 10.1634/theoncologist.2018-0028 ALLGEMEIN 21 DGHO-Mitgliederrundschreiben 3 | 2025